Verschärfung der Immobilienkreditvergabe?

Ass.-Prof. Dr. Markus Gramann, Assistant Professor für Immobilienmanagement an der Privatuniversität Schloss Seeburg, gibt in der ersten Ausgabe von „Schlaue Finanz- und Immobilienperspektiven“ eine Einschätzung zur bevorstehenden Verschärfung der Immobilienkreditvergabe ab.

Zusammenfassung

Die Finanzmarktaufsicht beabsichtigt, ab 01. Juli 2022 die Wohnbaukreditvergabe zu verschärfen. Konkret stehen dabei die Beleihungsquote, der Schuldendienst und die maximal zulässige Kreditlaufzeit im Fokus. Im Ergebnis sind aus Sicht der zukünftigen Wohnbaufinanzierungskundinnen und -kunden ein höherer Eigenmitteleinsatz sowie ein deutlich erschwerter Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten zu erwarten.

Einleitung

Die Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien wurde bereits letztes Jahr angekündigt. Nun liegt der Entwurf der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung vor. Die Grundlage für diese kreditnehmerinnen- und kreditnehmerbasierten Maßnahmen kann dem Bankwesengesetz (§ 23h BWG) entnommen werden. Systematische Risiken im Immobilienbereich können anhand der folgenden von der Österreichischen Nationalbank publizierten Kriterien erkannt werden:

Diese Verordnung betrifft die Haushalte und dient als Maßnahme zur Begrenzung systemischer Risiken aus der Immobilienfinanzierung bei Kreditinstituten. Die Ausführungen beziehen sich auf die Wohnbaukreditvergabe an Privatpersonen.

Maßnahmen zur Verschärfung der Kreditvergabe ab 01.07.2022

Für die Vergabe privater Wohnbaukredite wurden seitens der Finanzmarktaufsicht folgende Obergrenzen definiert:

  • Beleihungsquote maximal = 90%
  • Schuldendienst maximal = 40%
  • Maximale Kreditlaufzeit = 35 Jahre

Was versteht man unter Beleihungsquote?

Dabei handelt es sich um das Verhältnis zwischen der Summe der privaten Wohnbaukredite und dem Immobilienmarktwert im Sinne der CRR (abzüglich etwaiger Vorlasten und zzgl. etwaiger sonstiger Sicherheiten). Die Beleihungsquote darf sich auf maximal 90% belaufen. Ein Beispiel: Ein Klient beabsichtigt eine 3-Zimmer-Wohnung zu einem Marktwert in Höhe von EUR 500.000 zu erwerben. Die Kaufnebenkosten belaufen sich auf 10%. Er kann EUR 50.000 in Form von Eigenmitteln einbringen. Bekommt der Klient den Kredit? Ergebnis: Die Beleihungsquote beläuft sich auf 100%, ergo dessen wäre keine Kreditvergabe (bis auf wenige Ausnahmen) möglich.

Zwischenfazit

Zukünftig wird man im Rahmen einer privaten Wohnbauinvestition in der Regel zumindest 20% Eigenmittel aufbringen müssen. Die tatsächlich erforderlichen Eigenmittel werden vom Kaufpreis, den Kaufnebenkosten, etwaigen Sanierungs- oder Anpassungskosten sowie den Kosten für die Einrichtung abhängen. Der Kaufpreis kann in der Praxis durch aus vom ermittelten Marktwert der Bank abweichen.

Was versteht man unter Schuldendienstquote?

Bei diesem Parameter werden die Summe aller bestehenden und neu beantragten Kreditverbindlichkeiten („Kreditraten“) dem Einkommen gegenübergestellt. Das Einkommen bezieht sich auf das jährliche Einkommen i.S. des EStG nach Abzug von Steuern und Abgaben und zuzüglich Transferzahlungen. Die Schuldendienstquote darf grundsätzlich einen Wert von 40% nicht überschreiten. Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen Grenzwert: Eine Klientin hat eine KFZ-Finanzierung (monatliche Annuität: EUR 400) und beantragt eine neue Wohnbaufinanzierung in Höhe von EUR 300.000. Die monatliche Kreditrate würde sich auf EUR 1.400 p.m. belaufen. Das monatliche Einkommen beläuft sich auf netto EUR 3.000 (12 x). Würde das Kreditinstitut den Kreditantrag der Klientin unter diesen Bedingungen genehmigen? Ergebnis: In diesem Beispiel würde sich die Schuldendienstquote auf 60% belaufen. Selbst für den Fall, dass sie auf das KFZ verzichtet (47%), wäre eine Kreditvergabe nicht möglich.

Conclusio

In Hinblick auf die von der ÖNB bereits publizierten Risikoindikatoren der privaten Haushalte zeichnet sich ein düsteres Bild ab. Im Jahr 2019 wurden am Wohnimmobilienmarkt Transaktionen im Ausmaß von 24,2 Mrd. EUR umgesetzt. Insgesamt wurden 79.100 Transaktionen durchgeführt (Fenz G./Gnan E., S. 12). Ob die Anzahl der Transaktionen in Hinblick auf die geplanten Verschärfungen beibehalten werden kann, bleibt abzuwarten. Das Verhältnis „Wohnbaukredite in % des verfügbaren Haushaltseinkommens“ wurde für das Jahr 2019 mit 53,2% und Jahr 2020 mit 55,2% festgehalten. Für viele Personen bedeutet dies, dass mehr als die Hälfte des verfügbaren Haushaltseinkommen für die Rückführung von Wohnbaukrediten aufgewendet werden muss. Zukünftig darf die Schuldendienstquote (bis auf einige Ausnahmen) den Wert von 40% nicht mehr überschreiten. Diese Aussicht gepaart mit der angekündigten Zinserhöhung der EZB dürften eine „Bremswirkung“ bei der Vergabe von Wohnbaukrediten entfalten.

Literatur

Fenz G., Gnan E. (2021). Immobilien Aktuell – Österreich – Die Immobilienmarktanalyse der OeNB Q4/21. Österreichische Nationalbank Wien.

Grubelnik K. (2022). Begutachtungsverfahren für die neuen FMA-Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite gestartet. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220425_OTS0074/begutachtungsverfahren-fuer-die-neuen-fma-vergabestandards-fuer-wohnimmobilienkredite-gestartet (Abruf: 19.05.2022). APA – Austria Presse Agentur eG Wien.

ÖNB (2022). Begrenzung systemischer Risiken aus der Immobilienfinanzierung. https://www.oenb.at/finanzmarkt/makroprudenzielle-aufsicht/massnahmen_und_methoden/begrenzung_systemischer_risiken_aus_der_immobilienfinanzierung.html (Abruf: 19.05.2022). Österreichische Nationalbank Wien.